
11. November 2025

Das Ende eines Erbbaurechtsvertrags liegt bei Vertragsabschluss oft in weiter Ferne. Doch spätestens rund 40 Jahre vor Ablauf gewinnt ein Thema zunehmend an Bedeutung: die Entschädigung für das Bauwerk.
Nach § 27 des Erbbaurechtsgesetzes (ErbbauRG) ist grundsätzlich vorgesehen, dass der Erbbaurechtsgeber dem Erbbauberechtigten eine Entschädigung für das Bauwerk zahlt, wenn das Erbbaurecht durch Zeitablauf endet. Die konkrete Ausgestaltung – also ob und in welcher Höhe eine Entschädigung gezahlt wird – überlässt der Gesetzgeber weitgehend den Vertragsparteien.
Nur in einem Sonderfall, nämlich wenn das Erbbaurecht zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses minderbemittelter Bevölkerungskreise bestellt wurde, schreibt § 27 Abs. 2 ErbbauRG zwingend eine Entschädigung vor. In allen anderen Fällen gilt: Der Vertrag bestimmt, was am Ende der Laufzeit geschieht.
In der Praxis hat sich eine Entschädigung in Höhe von etwa zwei Dritteln des aktuellen Verkehrswerts des Bauwerks etabliert – also rund 66 %. Dieser Abschlag soll aus Sicht des Erbbaurechtsgebers mögliche Kostenrisiken abdecken, die mit der Abwicklung des auslaufenden Erbbaurechts verbunden sind – etwa Instandsetzungsaufwand oder unvorhersehbare Wertminderungen.
Für den Erbbaurechtsnehmer allerdings wirkt sich dieser pauschale Abschlag häufig nachteilig aus. Eine geringere zu erwartende Entschädigung schmälert die Attraktivität des Erbbaurechts – insbesondere gegen Ende der Laufzeit. Der Wiederverkaufswert sinkt, und auch die Bereitschaft zu investieren – in Instandhaltung oder Modernisierung – nimmt ab. Warum viel Geld in ein Gebäude stecken, wenn am Ende nur zwei Drittel seines Wertes entschädigt werden? Dieses Problem tritt dabei nicht erst in den letzten Jahren der Laufzeit auf, sondern deutlich früher. Bereits bei 40 Jahren Restlaufzeit bewerten Banken niedrige Entschädigungssummen stark negativ.
Gerade bei großvolumigen oder renditeorientierten Bauprojekten kann eine zu niedrig angesetzte Entschädigung Fehlanreize schaffen. Wenn der Erbbauberechtigte weiß, dass er am Ende ohnehin nur einen Bruchteil des Gebäudewerts erhält, ist der Anreiz gering, die Immobilie über Jahrzehnte in gutem Zustand zu halten.
Deshalb kann es – insbesondere bei gewerblichen oder institutionellen Erbbaurechten – sinnvoll sein, den vollen Marktwert des Gebäudes zum Zeitpunkt des Vertragsendes zu entschädigen. Nur so bleibt der wirtschaftliche Anreiz erhalten, das Bauwerk zu pflegen und seinen Wert zu sichern.
Etwaige Kosten, die dem Erbbaurechtsgeber im Zusammenhang mit der Neubestellung eines Erbbaurechts entstehen, können stattdessen konkret vertraglich auf den Erbbauberechtigten übertragen werden. So wird eine faire und transparente Lösung geschaffen.
Die Gestaltung der Entschädigungsregelung sollte nicht nur rechtlich, sondern auch strategisch durchdacht werden. Eine zu niedrige Entschädigung mag kurzfristig attraktiv erscheinen, kann aber langfristig zu Wertverlusten und Investitionsstau führen. Eine faire Entschädigung hingegen fördert nachhaltige Bauwerksqualität – und trägt damit zur Stabilität und Attraktivität des Erbbaurechts insgesamt bei.
Die Entschädigungszahlung ist mehr als eine technische Vertragsklausel – sie ist ein Schlüsselelement des Erbbaurechts, das Vertrauen und wirtschaftliche Stabilität sichert.
Eine klare, faire und zukunftsorientierte Regelung sorgt dafür, dass beide Seiten – Erbbaurechtsgeber und Erbbauberechtigter – auch am Ende der Laufzeit von einem ausgewogenen Ergebnis profitieren.
Denn: Nur wer die Fragen des Vertragsendes von Anfang an mitdenkt, schafft ein Erbbaurecht, das langfristig Bestand hat – und für alle Beteiligten ein Gewinn ist.